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Thunderbolts* - Etwas besser ist längst noch nicht gut

Thunderbolts* - Etwas besser ist längst noch nicht gut

Die weltweite Filmkritikerlandschaft scheint von den Marvel-Adaptionen der vergangenen Jahre im Kino so entwöhnt worden zu sein, dass es jetzt offenbar schon ausreicht, einfach nur einen kompetent durchschnittlichen Film abzuliefern, um Jubelarien einzuheimsen. Daniel möchte sich diesem - aus seiner Sicht - übertriebenen Lob für Thunderbolts* keinesfalls anschließen. Der Streifen ist ok, weniger kaputt als seine Vorgänger. Mehr aber nicht.

Originalbild: Thunderbolts* / © Marvel Studios (2025)

Daniel gibt, über die in Trailern gezeigten Szenen und Grundprämisse des Films hinaus, nicht viele Details der späteren Filmhandlung preis. Die Kritik enthält anfangs nur kleinere Spoiler, ohne die eine Besprechung nicht sinnvoll wäre, aber verrät erst im vorgewarnten Spoiler-Teil zum Schluss überraschendes sowie das Ende des Films.


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Podcast-Filmkritik als Text zusammengefasst:

Man könnte meinen, die Messlatte für Marvel-Filme sei mittlerweile so niedrig, dass schon pures Mittelmaß wie ein Triumph gefeiert wird. So jedenfalls lässt sich der zum Kinostart bei einigen Rezensenten eingestellte Hype um Thunderbolts erklären. Ein Film, der keineswegs schlecht, aber eben auch bei weitem nicht das Highlight ist, zu dem ihn einige Kritiker stilisieren. Ein solide gemachter Streifen, den man bedenkenlos anschauen kann – ja. Aber annähernd sehr gut? Definitiv nein.

Eine Gruppe von Randfiguren aus früheren Marvel-Werken, darunter Yelena Belova (Florence Pugh), der Winter Soldier Bucky Barnes (Sebastian Stan), der Red Guardian (David Harbour), und der ungeliebte Captain America-Nachfolger John Walker (Wyatt Russell), werden widerwillig in ein gemeinsames Abenteuer gedrängt. Geleitet wird diese bunt zusammengewürfelte Truppe zu Beginn erst mal noch als Agenten separat verwaltet von CIA-Direktorin Valentina Allegra de Fontaine, gespielt von Julia Louis-Dreyfus, die schnell mit gewohnt intrigantem Treiben für Chaos sorgt, weil sie die Truppe in eine Falle zu locken, gar umzubringen versucht. Wie erwartet entkommen ihre entbehrlich gewordenen Handlanger jedoch - und beschließen, trotz mancher Antipartien untereinander, gegen sie gemeinsame Sache zu machen.

Thunderbolts macht dabei nichts katastrophal falsch. Regisseur Jake Schreier liefert einen Film, der sauber linear seine Geschichte erzählt und als eigenständiges Werk funktioniert. Das allein scheint heutzutage bei Marvel schon Grund genug für ekstatische Kritiken zu sein. Doch genau hier liegt das Problem: Der Film wirkt wie ein vorsichtiger Kompromiss, der sich trotz guter Ansätze nichts traut, richtig interessant durchzuziehen.

Die Schwächen zeigen sich vor allem in der Erzählweise. Was der Film vermitteln möchte, tut er fast ausschließlich über ausufernd ausformulierte Dialoge. Alles wird uns verbal auf dem Silbertablett serviert – Gefühle, Hintergrundinformationen, ja sogar die Gedanken der Figuren. Filmisches Erzählen, das Publikum auch mal selber etwas realisieren und mitdenken lassen? Fehlanzeige. Audiovisuell bleibt Thunderbolts somit stets steril banal.

Selbst in den Actionszenen punktet der Film visuell gar nicht. Sie wirken besonders zum Finale hin alibimäßig und uninspiriert. Das Machtgefüge zwischen Schurke und Anti-Helden ist zu groß, als dass eine direkte Konfrontation sinnvoll möglich wäre. Deswegen retten die Thunderbolts eigentlich nur ein paar einzelne Zivilisten vor herabstürzenden Gebäudebrocken oder vermöbeln mal eine Gruppe Standard-Henchmen. Ganz am Anfang sehen wir noch die besseren, etwas spaßigeren Schlägereien zwischen den Teammigliedern selbst, ehe sie sich zusammenraufen. Selbst da ist die Action jedoch eher auf Niveau einer ordentlichen Disney-Plus-Serie. Auch die größeren Special Effects fühlen sich eher routiniert als spektakulär an – insbesondere einiger albtraumartiger Sequenzen, die zwar nett aussehen, aber letztendlich kaum mehr als eine abgespeckte Version von Konzepten bieten, die man bereits aus Filmen wie Inception oder Doctor Strange so viel besser, faszinierender, beeindruckender kennt.

Auch die Figurenentwicklung enttäuscht. Während Filme wie Guardians of the Galaxy oder The Suicide Squad gekonnt Humor, Action und Emotionen vereinten, bleiben die Thunderbolts farblos und der Humor oft nervig redundant. Selbst die Einführung von Bob, einem mysteriösen Supermenschen mit Superman-artigen Kräften, der später als Sentry bekannt wird, wirkt eher plump. Sein innerer Konflikt und seine komplexe Hintergrundgeschichte, die aus den Comics bekannt ist, werden hier zur blassen Kopie von Homelander aus Amazons The Boys, gemischt mit Clearance aus den Fantastische-Tierwesen-Filmen degradiert. Und war Enchantress im schlechteren der beiden Suicide-Squad-Filme nicht auch schon derart zerrissen besessen?

Das Finale des Films ist langgezogen und bemüht sich immerhin, eine tiefere Botschaft zu transportieren – nämlich, dass Gewalt und Wut oft aus psychischen Problemen resultieren und dass Empathie und Verständnis die besseren Waffen sein könnten. Ein Ansatz, der begrüßenswert ist, dessen Umsetzung aber an Oberflächlichkeit krankt, zum Schluss hin überhastet simplifiziert wirkt. Um es besser zu machen, hätte der Film sich vorher schon viel mehr um eine tiefergehende Charakterstudie von Bob bzw. Sentry bemühen müssen.

So bleibt Thunderbolts letztlich ein kurzweilig unterhaltsamer, wenn auch wenig ambitionierter Film, dem mangelndes Commitment den interessanteren Ansätzen gegenüber zum Verhängnis wird, um mehr als nur “ok” zu sein. Doch die teils überschwänglichen Kritiken zeigen vor allem eines: Wie tief Marvels MCU in den letzten Jahren gesunken sein muss, wenn schon durchschnittliches Kino mancherorts wie ein Meisterwerk gefeiert wird...

(Autor: Daniel Pook)



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Dieser Podcast wurde von Daniel Pook in unserem Studio in Berlin aufgenommen.

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