The Life of Chuck - Tanzt vergeblich gegen unsere Enttäuschung an
Das Publikum beim Toronto International Film Festival liebte ihn, zahlreiche Leser der Kurzgeschichtenvorlage von Stephen King können den Filmstart gewiss kaum abwarten,… nur Patrick und Daniel wollen den Hype um The Life of Chuck von Regisseur Mike Flanagan in ihrer Filmkritik überhaupt nicht teilen.
Wir bemühen uns, in dieser Filmkritik nichts unnötiges oder überraschendes zu spoilern oder Twists vorwegzunehmen. Über bloße Andeutungen geht hier nichts hinaus. Ohnehin basiert dieser Film aber auf einer populären Kurzgeschichte, deren Handlung manchem schon bekannt sein dürfte.
Links & Videos zur Filmkritik
Die Letzte Filmkritik - Here
Filmmenü u.a. mit Kritik zu The Fabelmans
Die Letzte Filmkritik - Doctor Sleeps Erwachen
Unsere Meinung aus dem Podcast als Text zusammengefasst:
The Life of Chuck basiert auf einer Kurzgeschichte von Stephen King, die unter Fans als eine seiner stärksten Arbeiten gilt. Regisseur Mike Flanagan – unter anderem bekannt für Doctor Sleep, Midnight Mass, Oculus und Der Untergang des Hauses Usher – hat den Stoff gemäß der Vorlage ebenfalls in drei Kapitel gegliedert, die aus unterschiedlichen Perspektiven Stationen im Leben der Titelfigur Charles „Chuck“ Krantz beleuchten. Und sich schlussendlich, nicht zuletzt in Bezug auf die großen Metaphern des Films, zu einem großen Ganzen Formen.
Der Film eröffnet mit einer Mischung aus Weltuntergangsdrama und Black Mirror-Episode: Wir begleiten einen Lehrer durch eine plötzlich aus den Fugen geratene Welt. Wobei mitten im Chaos unerklärlicher Phänomene und steten Zusammenbruchs von Infrastrukturen, allgemeiner Angst und Verwirrung aller Mitmenschen, an verschiedenen Stellen immer wieder Werbetafeln und TV-Spots einem gewissen “Chuck” Danksagungen widmen - aber niemand weiß so richtig, weshalb.
Dieses Setting weckt zunächst Neugier – doch nach dem erzählerischen Bruch im zweiten Kapitel ändert sich der Tonfall komplett. Fortan wird in Rückblenden Chucks Leben rekonstruiert: Kindheit, Familie, erste Leidenschaften, berufliche Stationen und vor allem die Menschen, die ihn geprägt haben.
Inhaltlich kreist der Film um große Themen: Vergänglichkeit, das bewusste Nutzen der eigenen Lebenszeit und die Spuren, die jeder Mensch im Leben, aber auch dem inneren Bewusstsein anderer hinterlässt. Diese Botschaften werden allerdings ohne subtilen Aufbau mehrfach explizit ausgesprochen – oft in Dialogen, die wie ausformulierte Leitsätze wirken. Dadurch bleibt wenig Raum für Interpretation oder emotionale Eigenwirkung.
Visuell und inszenatorisch ist The Life of Chuck solide umgesetzt, die Besetzung souverän. Doch die Figurenzeichnung bleibt oberflächlich: Viele Nebencharaktere wirken wie dramaturgische Platzhalter, ohne dass sie in dieser Funktion dauerhaft interessant bleiben oder die Handlung um bedeutende Facetten bereichern. Das Finale bringt zwar die zuvor angelegten Handlungsstränge zusammen, offenbart aber eine Auflösung, die weder erzählerisch noch thematisch die erhoffte Resonanz entfaltet – zu vorhersehbar und zu konventionell in ihrer philosophischen Aussage, um tiefen Eindruck zu hinterlassen.
Flanagans Adaption wird vielerorts wohlwollender aufgenommen, was an der Popularität der Vorlage und dem gefälligen, gefühlsbetonten Erzählton liegen mag. The Life of Chuck ist sicherlich ein genehmer Crowd-Pleaser, der es sich mit heiteren Tanzszenen und sehr offensichtlichen Versuchen, manipulativ auf die Tränendrüsen zu drücken, versucht, beim Publikum so einfach wie möglich zu machen, an die simpelste Form von oberflächlicher Emotionen zu appelieren.
Wer sich jedoch Freiraum für tiefere, nachhaltig wirkende Auseinandersetzung mit den im Film aufgegriffenen Themen erhofft, wird hier eher eine konventionell inszenierte, stark vereinfachte Version dessen bekommen, die dazu dann aber eben einfach nicht genug Potenzial hergibt. Im Vergleich zu poetischeren, visuell ambitionierteren Lebensreflexionen – etwa Terrence Malicks The Tree of Life – bleibt The Life of Chuck ein routiniert gemachtes, aber wenig nachwirkendes, künstlerisch banales Werk.
(Autor: Daniel Pook)
Feeds & Infos über die Podcaster
Alternativ zum Web-Player mit Download-Funktion kann Die Letzte Filmkritik direkt über diesen Link bequem bei iTunes abonniert werden. Wer per RSS-Reader oder sonstigen Podcatchern über neue Folgen informiert werden möchte, füttert sie mit diesem Link des XML-Feeds. Via Facebook, Youtube & Twitter bleibt ihr mit uns in Kontakt und auf dem Laufenden.
Dieser Podcast wurde von Patrick aus Hürth in Hürth mit Daniel Pook in unserem Studio in Berlin aufgenommen.