FILMKRITIK FILTERN


F1 - Erfundenes Schlitzohr in realen Formel-1-Rennen

F1 - Erfundenes Schlitzohr in realen Formel-1-Rennen

So authentisch, trotzdem technisch hochwertig gefilmt haben wir fiktive Formel-1-Rennen im Kino noch nie gesehen. Und zu unserer Freude machen die real gedrehten Fahrszenen einen Großteil des überlangen Films F1 mit Brad Pitt aus. Über die fiktive Handlung um ein erfundenes Underdog-Team sind Patrick und Daniel hingegen geteilter Meinung.

Originalbild: F1 - The Movie / © Apple Studios & Warner Bros. (2025)

Wir bemühen uns, in dieser Filmkritik nichts unnötiges oder überraschendes zu spoilern. Leichte Andeutungen über das Filmende gibt es aber.


Links & Videos zur Filmkritik



Unsere Meinung aus dem Podcast als Text zusammengefasst:

Regisseur Joseph Kosinski setzte mit Top Gun: Maverick bereits Maßstäbe für spektakuläre Luftaufnahmen. Im schlicht F1 betitelten Film danach setzt er voll auf möglichst echt gedrehtes, authentisch präsentiertes Racing-Erlebnis. Die Underdog-Sportfilmstory am Rande der spektakulär gefilmten Rennen hat Patrick in unserem Filmkritik-Podcast wesentlich besser gefallen als Daniel, der mehr störende Schwächen ausgemacht haben will.

Patrick, selbst einst Formel-1-Fan aus der Schumacher-Ära, bringt nostalgisch ein, wie präsent und populär die Formel 1 einst in Deutschland war – ein Gegensatz zur aktuellen Situation, in der das Interesse hierzulande deutlich abgeflaut ist, während die USA dank Netflix-Dokus wie Drive to Survive ein neues Formel-1-Fieber erleben. Patricks Befürchtung, F1 würde auch deswegen mit seiner fiktiven Handlung bloß zeigen, wie ein amerikanischer Held aus dem Nichts einfach mal so das in der Realität nach wie vor europäisch dominierte Feld der Formel 1 dominiert, bleibt im tatsächlichen Film überraschend aus. Mehr geht es darum, nur irgendwie erst mal in die Punkte zu kommen, vielleicht später mit viel Glück auch auf dem Podium zu landen.

Die fiktive Story konzentriert sich auf ein kleines, bislang erfolgloses Team, das vom ehemaligen Formel-1-Fahrer Ruben Cervantes (Javier Bardem) geleitet wird. Dieser holt seinen alten Kollegen Sonny (Brad Pitt), ebenfalls einst selbst Fahrer in der Formel 1, nach Jahrzehnten zurück in den großen Rennzirkus. Ziel ist es dabei längst nicht mehr, das eigene Team oder Sonny zum Weltmeister zu machen – was schon aufgrund des technischen Rückstands des Fahrzeugs illusorisch wäre – sondern seine Erfahrung und taktische Raffinesse sollen dem jungen Rookie im Team helfen, die nötigen Punkte zu holen, damit das Team überlebt. Ansonsten würde vor allem Cervantes seinen Rennstall an gierige Investoren verlieren.

Die große Stärke des Films liegt in seiner visuellen Umsetzung: Die Rennen wurden zum Teil während echter Grand Prix Wochenenden gedreht, angereichert mit separat aufgenommenen Racing-Szenen. All das aber stets auf echten Strecken, in modifizierten Formel-2- und 3-Fahrzeugen. Die Kamera ist meist direkt an den Autos montiert oder gibt die aus dem TV bekannte Onboard-Perspektive wieder – nur in besserer Auflösung, mit größerer Dynamik und überraschender Erdung. Vibrationen, Lichtverhältnisse, leichte Unschärfen: Alles fühlt sich echt an, nicht überästhetisiert. Patrick lobt vor allem, wie der Film das Mittendrin-Gefühl erzeugt, Daniel hebt hervor, dass sich F1 dabei nie im künstlichen CGI-Look übertriebener Nachbearbeitung und überdrehter Kamerafahrten verliert - wie etwa der Gran-Turismo-Film.

Inhaltlich allerdings gibt es Kritik – und sie fällt bei beiden unterschiedlich aus. Daniel stört sich daran, dass Brad Pitts Figur zu oft absichtlich crasht, Gegner blockiert und taktisch unfaire Manöver durchzieht, um seinem Teamkollegen Vorteile zu verschaffen. Diese Aktionen ziehen sich für ihn zu lange in extremer Form durch den Film, rauben echten Rennduellen die Bühne. Er erkennt darin zwar die Realvorlage, weil diese Aktionen im echten Motorsport nicht ganz unbekannt sind, hier im Kinofilm geschieht all das jedoch in zu schneller Folge viel zu häufig und offensichtlich für alle Beteiligten. Patrick fand diese Situationen im Film zwar auch unrealistisch, aber konnte damit in einer fiktiven Darstellung der Formel 1 aus Hollywood recht gut leben. Zumal echte Formel-1-Rennen häufig nicht selten eher ereignisarm vor sich hin laufen würden, was er in einem solchen Film noch viel weniger gerne gesehen hätte.

Uneins sind sich die beiden auch, was das Ende betrifft: Während Patrick kritisiert, dass der Film eine bestimmte, vorher aufgebaute Dynamik nicht konsequent zu Ende führt – den Opfergedanken des älteren Fahrers für den jüngeren – kann Daniel gut mit der Entscheidung leben und hält das Finale für emotional schlüssig. Beide einig sind sich allerdings darin, dass das Worldbuilding in Teilen inkonsequent ist: Die restlichen Teams und realen Fahrer wirken auf der Strecke austauschbar, das Renngeschehen konzentriert sich fast ausschließlich auf die fiktive Außenseiterstory.

Dass der höchst unglaubwürdig überdreht dauerquasselnde Streckenkommentator während der Rennen fast nur über die beiden Underdogs spricht, während die Weltmeisterschaft eher nebulös außerhalb unsers Blickfeldes irgendwo am Rande entschieden wird, wirkt für Daniel aufgesetzt. Während Patrick gerade das sehr gut fand, da er zu viel Blick auf reale Fahrer der echten Formel 1 aus PR-Gründen als langweilig erwartet hätte. Einig sind beide Kritiker sich bei der subplotartigen Kapitalismuskritik in Form eines machthungrigen Investors, die beide eher als halbgar und unsinnig portraitiert empfunden haben.

Es wirkt so, als hätten die Macher den allgegenwärtigen Diskurs über Kommerzialisierung des Sports zwar irgendwo erwähnen, damit die Blicke und Gedanken des kritischen Teils des Publikums aber gezielt davon weg lenken wollen, dass die Formel 1 an sich bereits ein schrecklicher PR-Zirkus geworden ist, bei dem inzwischen auch Scheichs reicher Ölstaaten die Grand Prixs und ihre Siegerehrungen für viel Geld als Werbefläche für sich zu nutzen wissen. Nachdem zuvor ja auch früher bereits jahrzehntelang ohne Skrupel breitflächig für Zigarettenmarken auf Rennautos geworben wurde. Die "Schwarzer Peter”-Karte wollte man hier einzelnen bösen Investoren zuschieben, während vieles kontroverse aus der realen Formel 1 vom Film sogar glorifizierend in Szene gesetzt wird.

Trotzdem ist der Gesamteindruck für reines Spektakelkino mit Autos, konzipiert für die größtmöglichen Leinwände, aus Eventkino-Perspektive heraus betrachtet positiv. Gerade weil der Film nicht versucht, zu viel zu sein – und dabei entscheidendes richtig macht. Er balanciert echten Rennsport mit gewohnter Dramaturgie, verzichtet auf Franchise-Selbstzitate oder Marvel-haften Brechstangenhumor. Er bietet schlicht zwei Stunden und 35 Minuten nahezu durchgängige, teils atemberaubend gut gefilmte Rennaction, nur kurz mal unterbrochen von Standardhandlung, die aber ebenfalls recht ordentlich präsentiert wird. Nicht zuletzt Brad Pitt trägt diesen Film mit seiner unvergleichlichen Lässigkeit von Rennen zu Rennen gekonnt auf den Schultern.

Ein Film, der trotz seiner Schwächen zeigt, wie Motorsport im Kino heute aussehen kann – und warum echte Autos, praktische Effekte, im Endresultat erkennbar reale Stunts und ein klarer Fokus auf ein paar wenige Figuren immer noch mehr begeistern als der x-te aufgeblähte Fast & Furious.



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Dieser Podcast wurde von Patrick aus Hürth in Hürth & Daniel Pook in Berlin aufgenommen.

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