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The Wedding Banquet - Remake einer Scheinhochzeit

The Wedding Banquet - Remake einer Scheinhochzeit

Die Neufassung von The Wedding Banquet ist nicht einfach nur ein reines Remake, sondern ein queerer Gegenwartsfilm mit eigenem Rhythmus, eigenem Look und echter wirkenden Figuren. Ang Lees Original von 1993 mag immer noch die bessere, vor allem filmisch anspruchsvoller inszenierte Version sein. Von der gleichen Prämisse ausgehend, erzählen sich die beiden Varianten nun aber so schön eigenständig jeweils vor dem Hintergrund ihrer Zeit, dass sie hervorragend koexistieren können - sich sogar für ein interessantes Double-Feature gut eignen.

Originalbild: The Wedding Banquet / © Universal Pictures (2025)

Wir bemühen uns, in dieser Filmkritik nichts unnötiges oder überraschendes über offizielle Trailer hinaus zu spoilern.


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Daniels Meinung aus dem Podcast als Text zusammengefasst:

The Wedding Banquet ist ein gelungenes Remake des gleichnamigen Films (Das Hochzeitsbankett) von Ang Lee aus dem Jahr 1993. Zwar beruht der neue Film klar auf der ursprünglichen Prämisse – ein queerer Mann plant eine Hetero-Ehe vorzutäuschen, um den familiären und gesellschaftlichen Zwängen zu entkommen – doch Regisseur Andrew Ahn verleiht der Geschichte durch andere Figurenkonstellationen und realer wirkende Charaktere einen eigenen Ton mit modernisierten Motiven. Das Drehbuch wurde unter Mitwirkung eines der Originalautoren neu gedacht und reflektiert sowohl den gesellschaftlichen Fortschritt als auch die nach wie vor bestehenden Spannungsfelder queerer Identität im familiären Kontext.

Im Zentrum steht Min, ein junger koreanischstämmiger Künstler in den USA, der seinem konservativen Familienclan – insbesondere seiner mächtigen Großmutter – noch nie seine Homosexualität offenbart hat. Um sich vor einer beruflichen Zukunft im Familienunternehmen zu retten und zugleich die Beziehung zu seinem Freund weiterführen zu können, weil er ohne Hilfe der Familie eine Greencard braucht, plant er eine Scheinehe mit Angela, einer lesbischen Freundin, die sich mit ihrer Partnerin ein Kind wünscht. Die Hochzeit soll nicht nur Min von den Erwartungen seiner Familie befreien, sondern zugleich den beiden Frauen finanziell helfen, eine weitere IVF-Behandlung für ihren Kinderwunsch zu finanzieren. Eine Win-win-Situation – theoretisch. Praktisch entgleitet der Plan zusehends, besonders als die Großmutter unerwartet aus Korea einfliegt, um die Braut persönlich kennenzulernen und eine für Fotos und Zeitungsartikel attraktiv präsentierte Hochzeit zu organisieren.

Der Film schafft es, seinen Plot ohne unangenehme Oberflächlichkeit zu erzählen, Figuren glaubhaft lebendig wirken zu lassen. Anders als viele queere Komödien der letzten Jahre, verzichtet The Wedding Banquet (2025) auf ständige stereotype Gags oder Marginalisierung des Queeren Backgrounds seiner Charaktere auf oberflächliche Sexwitze oder reine Sexualität an sich. Stattdessen wird eine ehrliche, turbulente, reichhaltige Geschichte erzählt, in der queere Charaktere als vollwertige Menschen mit nachvollziehbaren Sorgen und Wünschen ernst genommen werden, ohne dabei den Unterhaltungsfaktor auf der Strecke zu lassen. Der Ton ist angenehm geerdet, die Inszenierung zurückhaltend lebensnah – sowohl in der Bildgestaltung als auch im Schauspiel.

Auf Komik wird selbstverständlich keineswegs verzichtet. Die absurde Ausgangssituation – inklusive dem Chaos rund um die traditionelle Hochzeitszeremonie – bringt viele unterhaltsame Momente mit sich. Doch es ist intelligenter Humor, der nicht bloß auf Kosten seiner Charaktere geht, sympathisch und Story-dienlich bleibt, nie ins Klamaukartige abgleitet. Stattdessen dominiert eine bittersüße Atmosphäre, mit einer Familiensituation, wie man sie etwa auch mit Filmen wie The Farewell schon ähnlich gut näher gebracht bekommen hat. Es ist spürbar, dass die queere Perspektive hier nicht marginalisiert oder plakativ zu Werbezwecken aufgebauscht, sondern gelebt wird – was sich in jeder Hauptfigur sehr gut widerspiegelt.

Im direkten Vergleich mit dem Originalfilm ist der neue Wedding Banquet weniger Ersatz als Ergänzung. Während Ang Lees Version noch stärker filmisch stilisiert und im klassischen „filmischen“ Erzählen verwurzelt war, schlägt die 2025-Version bewusst einen realer präsentierten Weg ein. Beide Filme eint das Grundthema – der Spagat zwischen Tradition und persönlicher Identität – doch sie spiegeln unterschiedliche Zeiten, filmische Ansätze und Kontexte wider. Wo das Original mit der damaligen Tabuisierung spielt, zeigt der neue, wie komplex und zugleich normalisiert queeres Leben heute sein kann – ohne zu verschweigen, dass es noch immer genügend Raum für noch mehr progressiven Fortschritt, größere Akzeptanz in unserer Gesellschaft gibt.

The Wedding Banquet (2025) ist ein unterhaltsamer, durch und durch ehrlicher Film. Er zeigt queere Protagonist*innen mit all ihren Gefühlen als vollwertige Menschen – mit Widersprüchen, Alltagsproblemen, familiärem Druck, aber auch mit Hoffnung, Humor und Liebe. Das Remake hat es geschafft, dem Originalfilm nicht nur gerecht zu werden, sondern ihm ein zeitgemäßes, würdiges Pendant zur Seite zu stellen. Wer beide Filme kennt, wird feststellen: Sie unterscheiden und ergänzen sich – und würden sogar als Double-Feature prima hintereinander funktionieren. Selbst wenn Ang Lees Version nach wie vor der deutlich bessere Film ist.

(Autor: Daniel Pook)



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Dieser Podcast wurde von Daniel Pook in unserem Studio in Berlin aufgenommen.

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